Erbengemeinschaft / Erbschaftssteuer

#1 von ali_from_bali , 10.11.2021 20:46

Guten Abend liebes Forum,

bevor es gleich hagelt "such dir einen Steuerberater!", bin ich der Meinung dass der Sachverhalt sehr überschaubar ist. Vielleicht kennt sich ja ein Forumsmitglied in dieser Thematik aus und kann mir eine letzte Frage klären. Zum Sachverhalt:

Eheleute A + B sind Eigentümer eines Einfamilienhauses und haben dies im Laufe ihres Lebens abbezahlt (Ehefrau natürlich weniger dazu beigetragen, aber spielt soweit ich weiß keine Rolle). Wert des Hauses geben wir pauschal mit 500.000 Euro an. Beide Leben in einer Zugewinngemeinschaft. Es existieren Kinder C + D. Jetzt verstirbt der Ehepartner A. Es existiert kein Testament, es soll die gesetzliche Erbreihenfolge angewendet werden. Soweit ich das verstanden habe sieht die Aufteilung des Hauses jetzt so aus.

Ehepartner B 75 %, Kinder C + D jeweils 12,5 %. Das passt doch so oder?
Jetzt meine Frage, was erbt der Ehepartner B? Die kompletten 75 %, oder nur 25 %, weil ja dem Ehepartner B zu Lebzeiten des A, schon 50 % gehörten!? Kann mir einer dieser Frage klären, mir geht es einfach um den Erbfreibetrag, wie hoch dieser in Anspruch genommen wird, In diesem Beispiel, 375 000 oder 125 000?

Freundliche Grüße!


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RE: Erbengemeinschaft / Erbschaftssteuer

#2 von Kolovkolosh , 10.11.2021 22:45

Wenn ein Ehegatte verstirbt, bildet auch nur dessen Besitz die Erbmasse - also hier dessen 50% des Hauses.

B erbt also 25% und besitzt dann 75% - die Kinder erben je 25% des Nachlasses und besitzen dann je 12,5%.

=> https://www.finanztip.de/ehegattenerbrecht/

Besser als in dem verlinktem Artikel kann ich es auch nicht erklären.

Die Freibeträge für die Erbschaftssteuer sind an die Person des Erben gebunden. Der überlebende Ehegatte erbt 25% des Hauses im Gesamtwert von 500.000. Da sein Erbanteil damit 125.000 wert ist, der Freibetrag für Ehegatten aber 500.000 beträgt zahlt er keine Steuer. Auch die Kinder müssen keine Steuer zahlen, da ihr Erbe 12,5% von 500.000 unten deren Freibetrag von 400.000 liegt.

Sofern der verstorbene Ehegatte an den Ehepartner und die Kinder nicht zu Lebzeiten erhebliche Schenkungen (vorweggenommene Erbfolge) gemacht hat, gibt es keine Probleme mit der Erbschaftssteuer. Da kann der Erblasser gut noch ein paar Aktien und Geld auf dem Konto gehabt haben.


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RE: Erbengemeinschaft / Erbschaftssteuer

#3 von ali_from_bali , 11.11.2021 14:32

Kolovkolosh vielen Dank für die Erläuterung / Bestätigung! Ich habe in den ganzen Beiträgen im Internet einfach vermisst, dass der Ehegatte auch nur wirklich den Besitz des Erblassers erbt. Auch wenn es natürlich logischer ist, aber dieses Quäntchen hat mir gefehlt.

Dann bedeutet das, dass B aus dem zum Teil geerbten selbstgenutzten Haus sofort ausziehen könnte, wel der Erbbetrag deutlich unter dem Freibetrag liegt!? Eine Nutzung für die nächsten zehn Jahre ist nicht notwendig, erst in dem Fall wenn der geerbte Anteil des Hauses die 500.000 Euro übersteigt!?


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RE: Erbengemeinschaft / Erbschaftssteuer

#4 von Kolovkolosh , 11.11.2021 18:04

Genau, für die Erbschaftssteuer ist es ohne Auswirkung, wenn er auszieht.

Das Haus hätte mindestens 2 Millionen wert sein müssen, damit der Erbanteil des Ehegatten 500.000 Euro betragen hätte.

Steuerfrei sind bei der ErbSt: (§ 13 Absatz 1 Nur. 4b)

der Erwerb von Todes wegen des Eigentums oder Miteigentums an einem im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums belegenen bebauten Grundstück im Sinne des § 181 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 des Bewertungsgesetzes durch den überlebenden Ehegatten oder den überlebenden Lebenspartner, soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder bei der er aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert war und die beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (Familienheim).

Ich finde aber, das ist kein wirkliches Problem. Nehmen wir mal an, das Haus wäre 4 Millionen Euro wert. Die Erbmasse wäre 2 Millionen (Anteil des Erblassers am Haus), der überlebende Ehegatte erbt davon 50% also 1 Million.

Von dieser einen Million wird der Freibetrag von 500.000 abgezogen. Die verbliebene halbe Million wird vom Ehegatten zu besteuern sein. Ehegatte bedeutet Steuerklasse I - § 15 ErbStG. Beim Erbanteil im Wert von 500.000 beträgt der Steuersatz 15% - also 75.000.

Meine Meinung: Wenn ich derart erbe und will ausziehen (Haus viel zu groß allein, Erinnerungen etc.), dann ziehe ich aus und zahle die Steuer.


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RE: Erbengemeinschaft / Erbschaftssteuer

#5 von Kolovkolosh , 11.11.2021 18:23

OH, wichtiger Nachtrag:

Die Kinder erben nur steuerfrei, SOWEIT die Nutzfläche des Hauses 200 qm nicht übersteigt. Wenn ich hier schon mit 4 Millionen Euro Objekten rechne, dann muss man das auch beachten...

Den überlebenden Ehegatten kann ich aber beruhigen: Bei ihm gilt die Steuerbefreiung ohne diese Begrenzung. Puh, hat er noch mal Glück gehabt.

Die Kinder kommen aber auch nicht wirklich in Probleme - die 200 qm sind analog eines Freibetrages und nicht einer Freigrenze zu sehen. Wichtiger Unterschied!

Nehmen wir mal an, das Haus ist 4 Millionen wert und hat 300 qm. In dem Beispiel erbt jedes Kind eine halbe Million, davon geht der Freibetrag von 400.000 ab. Verbleiben 100.000. Da die Fläche mit 300 qm die 200 qm deutlich übersteigt, gilt die Steuerbefreiung nur für 2/3 des Erbes (200 zu 300 qm). Jedes Kind müsste dann also ein Drittel der 100.000 = 33.000 besteuern. Steuerklasse I bei einem Erbe bis 75.000 macht einen Steuersatz von 7%.

Ich wage mal zu behaupten, die Kinder müssen nicht ins Armenhaus ziehen. (In dem Objekt mit 300 qm ist ja auch genug Platz.)


Disclaimer: Erbschaftssteuer war ein Randthema in meinem Studium und dieses liegt über 20 Jahre zurück.



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zuletzt bearbeitet 11.11.2021 | Top

RE: Erbengemeinschaft / Erbschaftssteuer

#6 von ali_from_bali , 12.11.2021 19:23

Wow Danke! 20 Jahre? Merkt man dir nicht an ;)

Ich kann leider nicht mit so einem Wissen dienen, vielleicht wenn du eine Frage zum Waffenrecht hast :P


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RE: Erbengemeinschaft / Erbschaftssteuer

#7 von Kolovkolosh , 15.11.2021 19:25

Ach, nen Kumpel ist Förster.

Quintessenz der Erbschaftssteuer unter nahen Angehörigen:

Die Masse der Erbfälle übersteigt die Freibeträge nicht. Also kein Problem mit der Steuer.

Werden die Freibeträge überschritten, ist die Erbmasse so gut gefüllt, dass die Steuer auch kein Problem ist. (Gier mal außen vor)


Erben entfernte Verwandte (Dozentenwitz: Nein, das sind nicht die Verstorbenen!) oder Dritte, dann ist die Steuer natürlich spürbar. Aber auch zu Recht. Vererbt mir mein Nachbar ne Million, muss ich halt 450.000 Steuer zahlen. Die gleiche Steuer zahle ich bei einer Million Gehalt. Und als Ex-Finanzbeamter sage ich: Freu Dich über die 550.000 mehr auf dem Konto statt dich über die 450.000 Steuer aufzuregen.


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RE: Erbengemeinschaft / Erbschaftssteuer

#8 von Ddorfer ( gelöscht ) , 15.11.2021 19:43

Zitat von Kolovkolosh im Beitrag #7
Und als Ex-Finanzbeamter sage ich: Freu Dich über die 550.000 mehr auf dem Konto statt dich über die 450.000 Steuer aufzuregen.


Respekt!!

Zu solch einem Job zu stehen! Hut ab.

Wie schön muss/kann es wohl sein ... wenn einem alles S..egal ist. :-)


Ddorfer

   

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